Wie ticken Männer im mittleren Alter? Wie blicken sie auf ihr bisheriges Leben und was würde ihr junges Ich über sie heute sagen? In unserer Köpfe-Rubrik protokollieren wir Momentaufnahmen.
Mir geht es gerade sehr gut. Vor einem halben Jahr habe ich meine Steuerberatungskanzlei verkauft. Jetzt bin ich wieder „Einzelkämpfer“. Da bin ich vor allem als Testamentsvollstrecker tätig.
Ich habe außerdem eine Ausbildung in traditioneller chinesischer Medizin und Qigong. Und eine Ausbildung als Mediator. Meine Interessen und meine Neugierde sind einfach immer schon riesig, deswegen habe ich eigentlich immer noch irgendwas nebenbei gemacht.
Zusammen mit meinen zwei Partnern hatten wir 20 Angestellte. Es gab dann eine Reihe von Veränderungen, also haben wir uns für den Verkauf entschieden.
Das ist für mich erheblich weniger Arbeit als früher und damit eine schöne Möglichkeit, mich viel mehr meinen Kindern zuzuwenden. Die sind jetzt 22, 16 und 14 Jahre alt. Die Jüngste lebt bei mir, die anderen beiden sind aber auch oft da.
Die Heilpraktiker-Prüfung ist im Herbst
Ich habe schon während meines Jura-Studiums viel gearbeitet. Insgesamt komme ich bis jetzt auf über 30 Berufsjahre, davon 20 als Steuerberater.
Meine Freunde meinen, wenn ich nicht Steuerberater geworden wäre, hätte ich alle zwei Jahre etwas Neues ausprobiert. Ein Grund für den Beruf Steuerberater war die Familie – ich wollte Sicherheit haben. Wobei ich auch immer viel Spaß in dem Beruf hatte: Für mich war es immer eine große Freude, meine Kunden zu beraten und zu sagen: Komm, lass uns doch mal gucken, ob wir nicht mehr Effizienz erreichen können.
Vor drei Jahren habe ich mich intensiv auf die Prüfung zum Heilpraktiker vorbereitet. Das war immer so ein Traum von mir. Da war dann aber zu viel Stress im Büro. Die Skripte liegen da, die wollen wieder angeschaut werden. Die Prüfung ist immer im Herbst, Nahziel ist jetzt also 2025.
Acht Geschwister und christliche Erziehung
Dienstagsvormittags gebe ich seit über zehn Jahren Qigong-Unterricht in einem Frauen-Fitness-Studio, Dienstagabend unterrichte ich Yoga. Weil es mir Freude bereitet.
Vor einer Weile habe ich mal überlegt, warum ich im Gegensatz zu einigen meiner Freunde immer so zufrieden durchs Leben gehe. Warum ich so ein Grundvertrauen habe. Da kommen mehrere Sachen zusammen.
Zum einen: Ich habe acht Geschwister und bin das jüngste Kind. Es war also immer jemand da, der auf mich aufpasst hat, als ich klein war.
Das zweite ist: Ich bin in einem sehr katholischen Dorf aufgewachsen und habe – mehr aus Interesse – diesen ganzen Quatsch immer mitgemacht. Ich habe das alles gar nicht so ernst genommen, war aber einfach dabei. Da meinte mal jemand zu mir, dass so eine strenge kirchliche Erziehung auch Halt geben kann.
Dazu kommt: Ich hatte das große Glück, immer hervorragende Lehrer zu haben. Wirklich immer! Und ich habe jeden Beruf, den ich gemacht habe, ganzheitlich verstanden und auch so ausgeführt. Ich glaube, dass ist das, weshalb mir die Sachen so viel Freude bereiten.
Mein Traumberuf war Butler
Ich würde schon sagen, ich habe ein Luxusleben… Ich weiß gar nicht, was jetzt als nächstes kommt. Jetzt geht es erstmal darum, die Kinder beruflich ordentlich auf die Bahn zu bringen – dass ich danach noch mehr Freiheiten habe.
Mein Traum mit 18 war eigentlich, Butler zu werden. Mir fehlte aber die Kohle, die Ausbildung zu bezahlen.
Meine Mandanten von früher sagen: „Ja, stimmt, sie waren immer wie ein Butler. Freundlich, zuvorkommend, zurückhaltend, immer auf das Wohl der Kundschaft bedacht.“ Es gibt inzwischen in Amsterdam eine Schule, die bietet dazu Wochenendkurse an. Das will ich auf jedem Fall auch noch mal ausprobieren!
Was mein 18-jähriges Ich über mich sagen würde? Ich glaube, es würde sagen: Super, einen der möglichen Weg beschritten!
Protokoll: Peter Stawowy, Stand: Sommer 2024